So dies und das und auch jenes

Der Brotkasten wurde 30

31. Dezember 2012

In diesem Jahr wurde der Commodore C64 30 Jahre alt. Es ging durch die Presse und selbst diverse Fernsehsendungen beschäftigten sich mit dem Geburtstag des Brotkasten.

Im Jahr 1982 wurde der C64 auf der Winter Consumer Electronics Show (WCES) im Januar vorgestellt und kam dann Anfang 1983 auch endlich nach Deutschland. Anfänglich kostete das Gerät noch knapp 1500 DM, war also nicht gerade günstig. Trotzdem war der C64 trotz seiner Leistung erheblich günstiger als die Konkurrenz, also ganz nach Jack Tramiels Motto „Computer für die Massen, nicht für die Klassen“.
Zu dem Zeitpunkt hatte ich allerdings gerade meine VC-20 „frisch“ gekauft, so dass es noch etwas über ein Jahr gedauert hat, bis ich auch einen C64 mein Eigen nennen konnte. Bezahlt habe ich aber nur noch um die 700 DM. Der Preis war zwar um 50% gegenüber dem Einstiegspreis gesunken, aber 700 DM sind für einen Schüler auch nicht wenig Geld.
Aus Sammlersicht habe ich damit leider die erste C64 Generation verpasst, die noch einen Fehler bei den Farbkombinationen hatte.
Bei Eingabe von POKE 1024,81 erschien nichts auf dem Bildschirm, wenn der Farbfehler vorhanden war. Der Grund war der, dass die Elemente in der Hintergrundfarbe ausgegeben wurden. Man sah quasi einen dunkelblauen Ball auf dunkelblauem Grund. Der Wert 81 stand für einen Ball, der mit POKE 1024,81 an Adresse 1024, dem Beginn des Bildschirmspeichers, ausgegeben wurde.
Meine C64 Version hatte diesen Fehler schon nicht mehr und es wurde ein hellblauer Ball auf dunkelblauem Grund ausgegeben. Das Zeichen bekam also die Rahmenfarbe.
Aus finanziellen Gründen und weil sie eben noch „da“ waren, bekam der C64 das Gehäuse des Vorgängers VC-20, den legendären Brotkasten.

Im Laufe seiner rund 12 jährigen Produktionszeit, von 1982 bis 1994, erfuhr der C64 einige Überarbeitungen. So wurde das Gehäuse 1986 an den Nachfolger C128 angepasst und als C64 C oder C64-II verkauft. Weiterhin wurden diverse Optimierungen an der Hauptplatine vorgenommen um bei der Produktion Geld einzusparen.
Mit dem SX-64 wurde 1984 sogar eine portable Version des C64 veröffentlicht.
Im Jahr 1990 sollte der C64 sogar als reine Spielekonsole unter dem Namen C64 GS (Game System) her halten, diese Version floppte jedoch und fand offiziell nie den Weg nach Deutschland. Immerhin ist das Gerät inzwischen ein beliebtes Sammlerobjekt.

Hier eine kleine Modellübersicht, die allerdings keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

Jahr Modell Beschreibung
1982-1986 C64 Erste Version des C64, diese erschien erst 1983 in Deutschland. Das Gehäuse wurde vom VC-20 übernommen und brachte dem C64 seinen Spitznamen „Brotkasten“ ein.
1983-1986 SX64
SX64
Tragbare Version des C64. Zusammen mit dem Osborne 1 der erste tragbare Computer überhaupt, obwohl man ihn aufgrund des Gewichts nicht wirklich mit sich herrumtragen wollte, also mehr ein Schlepptop, denn ein wirklich portabler Computer, zumal der SX64 auch keinen eingebauten Akku hatte. Er war auch nicht zu 100% kompatibel zum C64. So fehlten die Routinen zum Ansteuern der Datasette. Außerdem wurden die Bildschirmfarben geändert, damit man auf dem kleinen eingebauten 5″ Monitor einen besseren Kontrast hatte.
1986 C64 C oder C64-II
Ab 1986 wurde der C64 in einem, dem C128 angepassten Gehäuse, das als „Keil“ bekannt wurde, verkauft. Die Hauptplatine wurde überarbeitet und verkleinert und konnte so kostengünstiger hergestellt werden. Die Grafikzeichen befinden sich aich nicht mehr auf der Vorderseite der Tasten, sondern oben drauf. Eine kleine Änderung gegenüber dem C128, der sie, wie der alte Brotkasten, noch vorne vor hatte.
1987 C64 G
Diese Version des C64 wurde wieder im ursprünglichen Brotkasten-Gehäuse ausgeliefert. Angeblich steht das G in der Bezeichnung für Germany, da die alte Brotkastenform in Deutschland beliebter war, als das modernere Gehäuse des C64 C. Bei dieser Version des Brotkastens befinden sich die Grafikzeichen auch nicht mehr auf der Vorderseite der Tasten, sondern, wie schon beim C64 C, oben drauf.

Zwei weitere Modell sind es wert erwähnt zu werden.
Zum einen ist dies der Educator 64, auch CBM 4064 oder Teachers PET genannt. Dies war ein C64 in einem CBM 40xx Gehäuse, bei dem der Kernal auf reine schwarz/weiß Ausgabe angepasst wurde, da die Monitor der CBM 40xx Serie mit den Farbfähigkeiten des C64 nichts anfangen konnten. Mit diesen günstigen Geräten, wollte man sich an den Schulen platzieren.
Zum anderen ist dies der goldene C64 auf Acrylplatte, der in Deutschland anlässlich des einmillionsten verkauften C64 in limitierter Auflage 1986 produziert wurde. Diese Geräte erzielen beim Verkauf oftmals eine vierstellige Summe und können als Wertanlage betrachtet werden.

Warum der Erfolg?
Warum nur war der C64 so erfolgreich und wurde 12 Jahre lang produziert? Konkrete Verkaufszahlen liegen leider nicht vor. Es wird jedoch geschätzt, dass 20 Millionen C64 in den unterschiedlichen Ausprägungen im Laufe der Zeit verkauft wurden.
Eine Antwort fällt sicherlich schwer und ich kann hier nur für mich sprechen, aber man „kannte“ seinen C64 eben. Egal, ob man ihn in BASIC oder Assembler/Maschinensprache programmieren wollte, man konnte noch „verstehen“, was im Inneren ablief.

Nicht ganz unbedeutend dürfte auch die Tatsache gewesen sein, dass jeder irgendwen kannte, von dem er Software für den C64 bekommen konnte.
Diskettenweise wurde diese dann auf Schulhöfen und sogar direkt in den Geschäften getauscht oder gar vor Ort kopiert.

Herausragend und damit nicht ganz unbeteiligt am Erfolg des C64 dürften auch die Grafik- und Soundeigenschaften gewesen sein.
So verfügte der C64 über 8 Sprites, frei bewegliche Objekte, die gleichzeitig dargestellt werden konnten und eine relativ leichte Kollisionsabfrage implementiert hatten.
Der VIC (Video Interface Controller) des C64 konnte 16 Farben gleichzeitig darstellen und verfügte im Textmodus über 40×25 Zeichen und im hoch auflösenden Bitmapmodus über 320×200 Pixel.
Revolutionär war der SID (Sound Interface Device) bei der Klangerzeugung. Seine Möglichkeiten lagen weit über den bis dahin üblichen Methoden zur Klangerzeugung bei Computern. Es waren drei Stimmen mit vier Schwingungsformen und einer 16 Bit Auflösung bei der Frequenz möglich.

Commodore und andere Hersteller lieferte eine Vielzahl an Peripheriegerät passend zum C64. Es gab neben der ursprünglichen Datasette zur Datenspeicherung, eine Art Kassettenrekorder, der Programme auf normalen Audiokassetten speicherte, auch die modernere und schnellere 5,25″ Floppy Disk. Die bekannteste Floppy für den C64 dürfte wohl die 1541 sein, die, passend zu den zig C64 Varianten, immer wieder modernisiert und optisch angepasst wurde. Später gab es mit der 1581 sogar eine 3,5″ Floppy. Ausdrucke konnten auf den bekannten Commodore Matrix Druckern MPS 801, 802 oder 803 ausgegeben werden. Der bekannteste Drucker, der nicht von Commodore stammte, dürfte wohl der Star LC-10 gewesen sein.

Für die Joystickports, von denen der C64 zwei Stück besaß, gab es, neben den üblichen Joysticks, auch Mäuse, Paddle oder Lichtgriffel. Sogar ein Grafiktablet wurde für das Grafikprogramm KoalaPainter angeboten.

Durch den User- und Expansionsport war es möglich den C64 fast beliebig zu erweitern. So gab es BTX und DFÜ Lösungen, die über den Expansionsport angeschlossen werden konnten. Über den Userport konnte man mittels Relaiskarte beliebige Geräte steuern.
Es gab eine Unmenge an Erweiterungen, wie Eprombrenner oder eine CP/M Karten, die den C64 zu einem CP/M Computer mit Z80 CPU machte.
Es gab sogar Speichererweiterungen, die die ursprünglichen 64 KiB RAM Arbeitsspeicher auf 128 KiB, 256 KiB oder gar auf 512 KiB aufrüsteten und somit speziell für die Arbeit mit GEOS von Vorteil waren.
Um die langsame Floppy 1541 auf Trab zu bringen gab es sogenannte Floppy Speeder, wie z.B. SpeedDOS. Alternativ konnte man sich eigene Kernals mit seriellen Floppyspeedern parallel zum ursprünglichen Kernal einbauen. Für diese Zwecke gab es spezielle Kernal Umschaltplatinen.
Die Liste könnte beliebig fortgesetzt werden.

Meinen eigenen C64 habe ich damals natürlich auch erweitert.

  • 4 x Kernelumschaltplatineplatine, natürlich voll bestückt. Teilweise mit abgetippten Kernelversionen aus der guten alten C64 Zeitschrift.
  • Userportdisplay
  • Eprom Karte am Expansionsport. Zwischen den 8K Bereichen eines 16K Eproms konnte per Datasettenport hin und hergeschaltet werden.
  • der obligatorische Resettaster
  • Dank der Bastelaktivitäten waren einige Bauteile gesockelt, da sie ausgetauscht werden mussten.

Dummerweise habe ich meinen original C64 damals verkauft um mir einen Amiga 500 leisten zu können. Das war aus heutiger Siche betrachtet, der größte Fehler, den ich damals gemacht habe, aber egal, ändern kann ich es eh nicht mehr.

Commodore 128
Der Commodore 128, der als Nachfolger des C64 geplant war und von 1985 bis 1989 hergestellt wurde, konnte den C64 nie wirklich ablösen. Neben dem C128 Modus bot das Gerät zwar noch einen C64 und CP/M Modus, jedoch war der C64 Modus nicht zu 100% kompatibel und CP/M wurde langsam von MS-DOS abgelöst. Außerdem war der CP/M Modus deutlich langsamer als auf üblichen CP/M Rechnern. Dies lag daran, dass die CPU effektiv nur mit 2 MHz lief, während ansonsten 4-6 MHz üblich waren. Außerdem ging der Trend zum 16 Bit Computer und der im C128 verbaute MOS 8502 war weiterhin eine 8 Bit CPU. Was blieb war der C64 Modus, denn für den C128 gab es kaum ein entsprechendes Softwareangebot und da konnte man auch gleich zum Original greifen, zumal der C128 deutlich teurer als der C64 war.

Commodore 65
Als Nachfolger für den C64 sollte dann im Jahr 1991 der C65 auf den Markt kommen. Diese Pläne wurden jedoch schnell wieder eingestellt, da man sich nicht selber Konkurrenz zu den erfolgreichen Amiga 500 und 2000 Modellen, die es schon seit 1986 gab, machen wollte.
Mehr als ein paar halbfertige Prototypen wurden nie hergestellt. Diese wurden dann bei der Insolvent von Commodore im Jahr 1994 verkauft.
Ähnlich dem goldenen C64 erzielen diese Prototypen bei einem der sehr seltenen Verkäufen auch vierstellige Beträge und können ebenfalls als Wertanlage angesehen werden.

Leider hat der Mann, ohne den der C64 nicht möglich gewesen wäre, Jack Tramiel, den Geburtstag des C64 nicht mehr erlebt. Er starb am 08.04.2012.

Der C64 heute
Selbst heute gibt es immer noch eine aktive Community rund um den C64, wobei natürlich dort auch andere Computer-Oldies gerne gesehen werden.
Auch Hardwarehersteller, wie Individual Computers, versorgen den Oldie noch mit neuen Produkten. Zu beziehen sind diese Produkte über Vesalia online.
Wer mag, kann mit seinem C64 sogar online gehen, eine Netzwerkkarte und ein Browser Singular Browser machen es möglich.

Natürlich gab es nach der Pleite von Commodore auch immer wieder den Versuch, den C64 wieder aufleben zu lassen.
Neben dem Flop Web.it von 1998, gab und gibt es auch gelungene Versuche.

C64 DTV
So wurde Ende 2004 ein nachgebauter C64 unter dem Namen C64 DTV (Direct To TV) mit 30 eingebauten Spielen in Form des legendären Competition Pro Joysticks herausgebracht. Von dieser Version gab es zwei Ausgaben, einmal eine NTSC und dann die PAL Version. Es gab kleinere Unterschiede bei den integrierten Spielen. Leider reichte die Verarbeitungsqualität des Joysticks nicht an die Qualität des Original Competition Pro heran, so dass beim Spielen Vorsicht geboten war um den Joystick nicht zu beschädigen. Im Prinzip war das Gerät ein vollwertiger C64 und schon bald wurde der C64 DTV durch findige Bastler um Anschlüsse für Joysticks, Tastatur und Floppy erweitert. Selbst Bastellösungen um einen Hardwarefehler bei der Darstellung der Farbe zu korrigieren, findet man im Internet.

Chameleon 64
Die aktuell vielversprechendste Lösung dürfte wohl der Chameleon 64 sein. Eigentlich ein Modul für den C64 Expansionsport, das den C64 beispielsweise um einen VGA Ausgang erweitert und den Anschluß einer PS/2 Tastatur und Maus erlaubt. Weiterhin ist ein Freezer enthalten, eine Speichererweiterung mit bis zu 16 MB RAM und ein MMC/SD Kartenslot um Programme zu speichern.
Der Clou ist jedoch, dass das Modul auch standalone, das heißt ohne C64 betrieben werden kann. Das heißt, es ist ein kompletter C64 als Nachbau implementiert.
Weiterhin besteht die Möglichkeit alternativ zum C64 auch andere Cores, wie Minimig (Amiga) oder Spectrum zu installieren.
Über eine Dockingstation werden dem Chameleon 64 4 Joystickports zur Verfügung gestellt und die Möglichkeit, eine original C64 Tastatur anzuschließen.

Diese Kombination habe ich dieses Jahr zu Weihnachten geschenkt bekommen. Leider hat die Post das Paket noch nicht geliefert. Ich hoffe jedoch, dass es heute noch ankommt.

Commodore USA
Aus den USA kommt die Meldung, dass der C64 inzwischen wieder aufgelegt wird oder besser gesagt, ein Tastatur PC im C64 Design vertrieben wird. Eine Firma, die wohl die Namen Commodore und Amiga lizenziert hat, bringt einen PC im C64 Gehäuse auf den Markt und nennt das Ganze C64x. Das Gehäuse wurde neu designed, damit die PC Schnittstellen, ein optisches Laufwerk und ein Kartenleser in das Gehäuse passen. Ausgeliefert wird das Ganze mit einem eigenen Betriebssystem, genannt Commodore OS, das auf Linux Mint basiert. Eigentlich eine gute Idee, jedoch hält sich meine Kauflust bei einem Preis von 345$ für das C64x Barebonesystem und 1295$ für das kleinste Komplettsystem stark in Grenzen. Kostenlos dagegen kann man Commodore OS in einer Beta 9 über Torrent beziehen.

Ein paar technische Daten:

Erscheinungsjahr 1982 (Deutschland 1983)
Prozessor MOS Technology 6510, 8 Bit, 0,99 MHz
Speicher
  • RAM: 64 KiB
  • ROM: 20 KiB
Betriebssystem Commodore Basic V2.0
Schnittstellen
  • serieller Port (CBM Bus): Floppy-/Druckeranschluss
  • Audio-/Videoport: Monitoranschluss
  • Userport
  • 2 Joystick- oder Mausports
  • Hochfrequenz (HF) Ausgang: Antennenausgang für Fernsehgerät
  • Anschluss für Datasette
  • Expansionsport
Besonderheiten VIC (Video Interface Controller)

  • MOS 6569(PAL) oder MOS 6567(NTSC)
  • Textmodus: 40×25 Zeichen mit 16 Farben
  • Grafikmodus: 320×200 monochrom, 160×200 mit 4 Farben
  • 8 Sprites, gleichzeitig darstellbar
  • Hardware Scrolling
  • Rasterzeileninterrupt

SID (Sound Interface Device)

  • MOS 6581
  • 3 Stimmen mono (Stereo SID gabs als Bastelanleitung in der 64er)
  • Frequenz in 65536 Stufen (16 Bit) von 0 bis 4000 Hz einstellbar
  • 4 Schwingungsformen

Kategorie Commodore Museum, Computer, Retro, Vintage Computer

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